Botox in der Schwangerschaft – Auf einen Blick
- Botox und Schwangerschaft: Anwendung nicht empfohlen
- Datenlage: Keine gesicherten Erkenntnisse zur Sicherheit für Mutter und Kind
- Risiken: Mögliche Embryotoxizität in Tierversuchen, unklare Plazentagängigkeit
- Stillzeit: Keine Daten zum Übertritt in Muttermilch
- Empfehlung: Kein Botox, keine Filler, keine anderen Injektionen während Schwangerschaft und Stillzeit
- Alternativen: Nicht-invasive Hautpflege und ärztliche Betreuung bei medizinischen Indikationen
Inhaltsverzeichnis:
- Warum das Thema wichtig ist
- Was die Wissenschaft weiß
- Risiken und Unsicherheiten
- Empfehlungen der Fachgesellschaften
- Meine ärztliche Einschätzung
- Was tun, wenn ich nach einer Botoxbehandlung feststelle, dass ich schwanger bin?
- Andere ästhetische Behandlungen in Schwangerschaft und Stillzeit
- Fazit
- Oft gestellte Fragen (FAQ)
Warum das Thema wichtig ist
Viele meiner Patientinnen fragen sich, was passiert, wenn sie während einer laufenden ästhetischen Botox-Behandlung schwanger werden. Wer seit Jahren regelmäßig Stirn- oder Zornesfalte mit Botulinumtoxin behandeln lässt, möchte wissen, ob ein Aussetzen nötig ist oder ob die gewohnte Therapie fortgesetzt werden kann.
Auch wenn es dabei „nur“ um Ästhetik geht, ist die Frage berechtigt – schließlich gilt Botox landläufig als Routinebehandlung mit meist harmlosen Nebenwirkungen. Dennoch ändern sich die Maßstäbe, sobald eine Schwangerschaft besteht.
Hinzu kommt: Botox wird auch medizinisch eingesetzt, etwa bei Migräne oder Muskelspasmen. Für diese Patientinnen ist ein Absetzen häufig belastend. Umso wichtiger ist es, zu verstehen, was über die Sicherheit von Botox in dieser Lebensphase tatsächlich bekannt ist.
Was die Wissenschaft weiß
Die Datenlage zu Botox in der Schwangerschaft ist dünn, aber nicht völlig leer. Es existieren einige Fallberichte und retrospektive Analysen, meist von Frauen, die im Rahmen medizinischer Therapien – etwa bei Migräne oder Muskelspasmen – Botulinumtoxin erhalten hatten.
- In diesen Fällen kam es nicht zu einem erhöhten Risiko für Fehlbildungen oder Frühgeburten; die meisten Kinder waren gesund.
- Diese Beobachtungen haben jedoch begrenzte Aussagekraft, da es sich um kleine, unkontrollierte Fallzahlen handelt. Kontrollierte Studien mit Schwangeren existieren nicht.
- In Tierversuchen zeigten sich bei hohen Dosierungen verzögerte Knochenentwicklung und vermindertes Geburtsgewicht, was auf ein potenzielles Risiko hinweist. Ob solche Effekte beim Menschen vorkommen, ist unklar. Ebenso ungeklärt bleibt, ob das große Molekül des Botulinumtoxins die Plazentaschranke oder Muttermilch passiert.
Das Fazit der Forschung lautet daher:
Risiken und Unsicherheiten
Auch wenn bisher keine Schäden durch Botox in der Schwangerschaft bekannt sind, bleiben wichtige Fragen offen. Botulinumtoxin ist ein großes Eiweißmolekül, das vermutlich nicht aktiv die Plazentaschranke überwindet. Eine minimale systemische Diffusion nach der Injektion kann jedoch nicht sicher ausgeschlossen werden.
Ebenso unklar ist, ob das Toxin in Spuren in die Muttermilch übergeht – belastbare Daten fehlen. Tierversuche zeigen bei sehr hohen Dosen verzögerte Knochenbildung und geringeres Geburtsgewicht, was auf ein mögliches Risiko hinweist, auch wenn solche Dosen weit über den üblichen ästhetischen Mengen liegen.
Da viele dieser Fragen weiterhin unbeantwortet sind, gilt im Zweifel das Vorsichtsprinzip – eine Behandlung mit Botulinumtoxin sollte immer dann unterbleiben, wenn keine zwingende medizinische Notwendigkeit besteht.
Empfehlungen der Fachgesellschaften
Ästhetische Botox-Behandlungen
Auch wenn Botox zur Faltenbehandlung gemäß offizieller Zulassung nicht als kontraindiziert in der Schwangerschaft gilt, sprechen sich sowohl die Hersteller als auch alle Fachgesellschaften für einen Verzicht aus. Der Grund liegt in der lückenhaften Datenlage: Ohne belastbare Studien kann keine seriöse Institution die Anwendung empfehlen.
So heißt es etwa in der Fachinformation zu dem ästhetischen Botulinumtoxin-Präparat Vistabel:
Die S1-Leitlinie „Ästhetische Botulinumtoxin-Therapie“ der Arbeitsgemeinschaft Wissenschaftlicher Medizinischer Fachgesellschaften (AWMF) geht darüber sogar hinaus und klassifiziert Schwangerschaft und Stillzeit als absolut kontraindiziert:
Ähnliche Positionen finden sich in internationalen Fachkreisen. Sowohl die American Academy of Dermatology (AAD) als auch die British Association of Dermatologists (BAD) empfehlen, ästhetische Behandlungen mit Botulinumtoxin während der Schwangerschaft und Stillzeit grundsätzlich auszusetzen.
Botox zur Behandlung neurologischer Erkrankungen
Botulinumtoxin wird nicht nur kosmetisch, sondern auch medizinisch bei neurologischen Erkrankungen eingesetzt – etwa bei Spastiken, Dystonien, Tremor oder chronischer Migräne. Für betroffene Patientinnen, die schwanger werden, stellt sich die schwierige Frage, ob die laufende Therapie fortgesetzt werden darf oder unterbrochen werden sollte.
Der Hersteller des zur Behandlung neurologischer Störungen zugelassenen Präparats Botox schränkt in seiner Fachinformation die Anwendungsempfehlung entsprechend ein:
Indikation angewendet werden. (…) Die Anwendung von BOTOX während der Stillzeit kann nicht empfohlen werden.
In einer sehr ähnlichen Formulierung fasst das Portal embryotox.de des Beratungszentrums für Embryonaltoxikologie am Institut für Klinische Pharmakologie und Toxikologie der Charité seine Empfehlung zusammen:
Damit ist die Haltung eindeutig: Auch bei medizinischer Indikation gilt das Vorsichtsprinzip. Eine Behandlung kann nur in Ausnahmefällen erwogen werden – etwa wenn der Leidensdruck erheblich ist und keine sichere Alternative besteht. In der Regel sollte sie aber verschoben werden, bis Schwangerschaft und Stillzeit abgeschlossen sind.
Meine ärztliche Einschätzung
Ich persönlich schließe mich diesen Empfehlungen vollumfänglich an.
- Während der Schwangerschaft sollte keine Botoxbehandlung durchgeführt werden – vor allem nicht aus rein ästhetischen Gründen.
- Bei medizinischen Indikationen (z. B. chronische Migräne oder Spastik) muss individuell abgewogen werden. Hier entscheidet die Einschränkung an Lebensqualität gegen das potenzielle Risiko der Botox-Anwendung.
Für rein kosmetische Zwecke gilt: Abwarten ist die sicherste Entscheidung. Bei medizinischen Indikationen sollten zunächst alle unbedenklichen Behandlungsansätze verfolgt werden. Ein Beispiel ist die chronische Migräne: In ihrer aktuellen Leitlinie nennt die Deutsche Gesellschaft für Neurologie eine Reihe alternativer Therapieoptionen, mit denen der Einsatz von Botulinumtoxin, monoklonalen Antikörpern und anderen potenziell embryotoxischen Wirkstoffen vermieden werden kann (im verlinkten pdf ab S.44 und S.111).
Was tun, wenn ich nach einer Botoxbehandlung feststelle, dass ich schwanger bin?
Diese Situation ist nicht selten und verständlicherweise beunruhigend. Nach dem aktuellen Stand der Forschung besteht kein Hinweis darauf, dass eine Botoxbehandlung kurz vor oder zu Beginn einer Schwangerschaft dem Kind schadet. In den bislang dokumentierten Fällen wurden keine Fehlbildungen oder Entwicklungsstörungen beobachtet.
Fachgesellschaften empfehlen betroffenen Frauen, keine weiteren Injektionen vornehmen zu lassen und das weitere Vorgehen mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt zu besprechen. Eine spezielle Therapie oder Kontrolle ist in der Regel nicht erforderlich. Die Schwangerschaft kann normal fortgeführt werden, und auch während der Stillzeit sollte auf weitere Behandlungen verzichtet werden, bis diese abgeschlossen ist.
Andere ästhetische Behandlungen während Schwangerschaft und Stillzeit
Nicht nur Botox, sondern grundsätzlich alle minimalinvasiven ästhetischen Behandlungen sollten während Schwangerschaft und Stillzeit unterbleiben. Dazu gehören insbesondere Hyaluronfiller, PRP-Behandlungen, Polynukleotide, PDO-Fäden, Mesotherapie und Microneedling.
Der Grund ist nicht allein das Fehlen von Sicherheitsstudien, sondern auch eine Reihe konkreter medizinischer Risiken.
Die meisten Hyaluronfiller enthalten das Lokalanästhetikum Lidocain, das in der Schwangerschaft und Stillzeit kontraindiziert ist. Selbst bei kleinsten Mengen kann ein Übertritt in den kindlichen Kreislauf nicht ausgeschlossen werden.
Kommt es nach einer Fillerbehandlung zu Komplikationen – etwa einer Gefäßkompression oder allergischen Reaktion – wäre ein Auflösen mit Hylase (Hyaluronidase) der übliche Standard. Doch auch Hylase ist bei Schwangeren und Stillenden kontraindiziert, da keine Sicherheitsdaten vorliegen. Damit entfällt im Ernstfall die wichtigste therapeutische Option, um Komplikationen zu beherrschen.
Zudem sollte das Infektionsrisiko, das mit jeder Injektion verbunden ist, in der Schwangerschaft konsequent vermieden werden. Selbst geringfügige lokale Entzündungen können zusätzlichen körperlichen Stress verursachen, der sich auf Kreislauf und Wohlbefinden auswirkt. Auch kleine Eingriffe aktivieren den Sympathikus und erhöhen kurzfristig Puls und Blutdruck – Belastungen, die in der Schwangerschaft unnötig sind.
Unter Abwägung all dieser Aspekte gilt daher:
Fazit
Fassen wir zusammen:
- Ästhetische Behandlungen sollten während Schwangerschaft und Stillzeit grundsätzlich unterbleiben.
- Bei der Behandlung funktioneller oder neurologischer Störungen mit Botulinumtoxin sollten zunächst unbedenkliche Ersatztherapien geprüft werden – in enger Absprache mit dem behandelnden Arzt. Nur wenn eine zwingende medizinische Notwendigkeit besteht und keine Alternativen verfügbar sind, kann der Einsatz von Botox im Einzelfall erwogen werden.
- Wird eine Frau während einer laufenden Botox-Therapie schwanger, besteht nach derzeitigem Kenntnisstand keine Gefahr für das Kind. Die Behandlung sollte jedoch umgehend beendet und das weitere Vorgehen ärztlich abgestimmt werden.
Oft gestellte Fragen (FAQ)
Beim Menschen wurden keine Fehlbildungen nachgewiesen. In Tierversuchen traten bei sehr hohen Dosen jedoch embryotoxische Effekte wie verzögerte Knochenbildung oder geringeres Geburtsgewicht auf. Diese Befunde begründen das Vorsichtsprinzip – also den Verzicht auf Botox in der Schwangerschaft.
Nach aktuellem Kenntnisstand besteht keine Gefahr für das Kind. Studien zeigen keine Hinweise auf Fehlbildungen oder Entwicklungsstörungen, wenn Botulinumtoxin kurz vor oder zu Beginn einer Schwangerschaft verabreicht wurde. Wichtig ist, keine weiteren Injektionen durchführen zu lassen und das weitere Vorgehen mit dem behandelnden Arzt abzustimmen.
Es gibt keine verbindliche Frist, doch es wird allgemein empfohlen, nach einer Botoxbehandlung mindestens 3 Monate zu warten, bevor eine Schwangerschaft geplant wird. In diesem Zeitraum ist das Botulinumtoxin vollständig abgebaut, und ein Risiko für den Embryo besteht nicht mehr.
Während der Stillzeit sollte auf ästhetische Botoxbehandlungen komplett verzichtet werden, da unklar ist, ob das Toxin in die Muttermilch übergeht. Medizinisch notwendige Behandlungen sind nach Absprache mit dem Arzt möglich, wenn alternative Therapien nicht in Frage kommen. Nach Abschluss der Stillzeit kann die Behandlung ohne Einschränkung wieder aufgenommen werden.
Nein. Botulinumtoxin hat keinen Einfluss auf die Fruchtbarkeit. Es wirkt ausschließlich lokal an der Injektionsstelle und gelangt nicht in den Blutkreislauf in einer Menge, die eine Wirkung auf Eierstöcke, Hormonhaushalt oder Spermien hätte. Weder klinische Studien noch Fallberichte zeigen einen Zusammenhang zwischen Botox und verminderter Fertilität.

Über die Autorin:
Dr. med. univ. Eva Maria Strobl ist Inhaberin der Praxis LIPS and SKIN Ästhetische Medizin in München. Sie ist ausgebildete Fachärztin für Allgemeinmedizin (MedUni Wien) und seit mehr als 10 Jahren spezialisiert auf nicht-chirurgische ästhetische Eingriffe. Sie ist Mitglied in der Deutschen Gesellschaft für Ästhetische Botulinum-Therapie e.V (DGBT), der German Society of Anti-Aging Medicine e.V. (GSAAM) und im Network Global Health. Sie publiziert regelmäßig Beiträge in ihrem Blog und auf DocCheck.
Quellen dieses Beitrags:
Sommer et al, Botulinumtoxin in der ästhetischen Medizin, Thieme
Gauglitz et al, Leitlinie Ästhetische Botulinumtoxin-Therapie, AWMF
Diener et al, Leitlinie Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne, DGN
Allergan Aesthetics, Fachinformation Vistabel, Link
Allergan, Fachinformation Botox, Link

