Vorsicht: Bold Glamour!

Wie verändern TikTok, Instagram und Co. unser ästhetisches Selbstbild?

Einmal so schön sein wie der eigene Avatar!

In der heutigen digitalen Welt, in der soziale Medien wie TikTok einen enormen Einfluss auf das Selbstbild junger Menschen haben, kann die Verwendung von Beauty-Filtern wie „Bold Glamour“ das Körperempfinden und die Selbstwahrnehmung empfindlich beeinträchtigen. Diese Filter, die ein perfektes und idealisiertes Selbstbild vermitteln, können zu einer verzerrten Realität führen und schwerwiegende Auswirkungen auf das körperliche und psychische Wohlbefinden von Jugendlichen haben. Es ist besorgniserregend, dass junge Menschen zunehmend in eine Welt des Vergleichens und der Verzerrungen gezogen werden, was zu einem unsicheren Selbstbild und einem gestörten Verhältnis zum eigenen Körper führen kann.

Für einen Artikel im STERN habe ich neulich meine Erfahrungen geschildert, wie Social Media neue Beauty-Trends erzeugen und rasend schnell verbreiten. Ob Vampire Lifting, Bella Eyes oder Russian Lips: Alle diese Treatments lassen sich auf einen Ursprung auf Twitter, Instagram oder TikTok zurückführen. Oft sogar auf einen einzigen Post einer Prominenten, wie bei Kim Kardashian und ihrem „Vampire Facial“. In diesem Beitrag möchte ich meine Gedanken dazu etwas vertiefen.

Die dunkle Seite von Bold Glamour: Wie TikTok das Körperbild von Jugendlichen verändert

Die Bedeutung der sozialen Medien für die Kommunikation unter Jugendlichen kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. TikTok ist eine der am häufigsten genutzten Plattformen für Jugendliche, um Inhalte zu teilen und zu konsumieren. Mit mehr als 1 Milliarde aktiven Nutzern weltweit hat TikTok eine immense Reichweite. Eine der beliebtesten Funktionen von TikTok sind die Filter. Diese können Gesichter glätten, Wangenknochen hervorheben oder die Lippen voller aussehen lassen. Filter wie „Bold Glamour“ sind speziell darauf ausgelegt, die ästhetische Erscheinung zu perfektionieren und diejenigen, die sie verwenden, attraktiver erscheinen zu lassen. Im Unterschied zu früheren Versionen wirken sie vollkommen lebensecht. Wenn man nicht weiß, dass ein solcher Filter am Werk ist, würde man an der Authentizität der Person am Bildschirm keine Sekunde zweifeln.

Es gibt jedoch ein Problem mit diesen Filtern. Sie zeigen ein idealisiertes Bild von Schönheit und beeinflussen das Körperbild und die Selbstwahrnehmung. Insbesondere von Jugendlichen, die damit in einer ohnehin schwierigen Phase ihres Lebens angetroffen werden. In der Pubertät spielen die Gefühle verrückt, die Selbstwahrnehmung ist oft genug von echten oder vermeintlichen Schwächen geprägt. Wenn ein junger Mensch diese Filter verwendet und danach sein unverändertes Gesicht betrachtet, kann dies schnell zu einem Gefühl der Unzufriedenheit mit dem tatsächlichen Aussehen führen. Der Blick in den Spiegel ist dann nur noch furstrierend. Und schlimmer: Wenn Jugendliche regelmäßig derartige Filter verwenden, kann das zu einer regelrechten Abhängigkeit führen, da sie sich ohne Filter nicht mehr schön und attraktiv fühlen. Wozu führt das?

Im STERN-Artikel schildere ich meine Erfahrung mit einer jungen Frau, gerade zwanzig geworden. Sie zeigte mir ihr Profilbild auf der Dating-App „Tinder“, das von Beautyfiltern optimiert wurde und kaum noch dem realen Aussehen entsprach. Mit diesem Bild erziele sie sehr viel mehr Matches als mit wahrheitsgetreuen Fotos, ob ich sie nicht dem optimierten Bild entsprechend „stylen“ könne. Ich musste sie enttäuschen. Und zwar einerseits aus Gründen fehlender Machbarkeit; andererseits aber aus ethischen Erwägungen. In meinen Augen fallen derartige Wünsche bereits in einen Bereich, in dem Psychologen zurate gezogen werden sollten. Ich lehne derartige Behandlungswünsche daher prinzipiell ab. Aber sie bestehen. Und durch Neuerungen wie diese Beauty-Filter, die so lebensecht wirken wie noch nie zu vor, werden sie sehr wahrscheinlich verstärkt und treten noch viel häufiger auf.

Vom Filter zur Schönheits-OP: Wie Social Media die Normalisierung von ästhetischen Eingriffen vorantreibt

Die Auswirkungen dieser Filter können gravierend sein. Schon bisher galt: Wenn Jugendliche ihr Aussehen ständig mit anderen vergleichen, können sie sich unwohl und unsicher fühlen. Mit diesen Filtern bezieht sich der Vergleich aber auf unerreichbare, künstlich erzeugte Perfektion. Die Enttäuschung über die eigene Unvollkommenheit wird damit umso größer. Und nicht nur das. Denn die Botschaft, die unbewusst mitschwingt, lautet: „Sieh mal, so könntest Du aussehen – wenn Du nur wolltest!“. Zur Abnahme des Selbstwertgefühls, Essstörungen oder Depressionen gesellt sich damit nicht selten der Wunsch, dem Ideal näherzukommen, und sei es auf dem Tisch eines Chirurgen.

Die potenziell gefährlichste Auswirkung der Filter und auf Social-Media propagierten Beauty Trends ist damit die Normalisierung von plastischen Operationen und ästhetischen Eingriffen. Wenn Jugendliche ständig Bilder von idealisierten Schönheitsstandards sehen, die durch Filter und andere Bearbeitungen erzeugt werden, können sie glauben, dass diese Standards erreichbar sind, wenn sie nur eine Operation durchführen lassen. Diese Entwicklung ist nicht neu und die Ästhetik-Profession ist an ihr auch nicht ganz unschuldig, hat sie doch mit Tausenden unrealistischer „Vorher-Nachher-Fotos“, die im Web kursieren, dazu beigetragen. Derartige Fotos sind aus guten Gründen in Deutschland verboten, ein Umstand, der sich nicht bis zu allen Praktikern durchgesprochen zu haben scheint. Der falsche Eindruck von garantierter und durch simplen Eingriff herstellbarer ästhetischer Perfektion kann zur Normalisierung von plastischen Operationen führen und Jugendliche dazu veranlassen, unangemessene oder gefährliche Maßnahmen zu ergreifen, um dem computergenerierten Ideal zu entsprechen.

Beauty-Medizin in der Verantwortung: Warum Ärzte nicht jeden fragwürdigen Trend bedienen sollten

Es ist wichtig, dass Jugendliche verstehen, dass die Schönheitsstandards, die von Filtern und sozialen Medien gefördert werden, zumeist unrealistisch sind und zu einem verzerrten Bild von Schönheit führen können. Es ist auch wichtig, dass Eltern, Erzieher und Gesundheitsexperten sich der Auswirkungen von Social-Media-Filtern auf das Körperempfinden und die Selbstwahrnehmung von Jugendlichen bewusst sind und ihnen helfen, ein gesundes Körperbild und ein positives Selbstbild aufzubauen.

Die Verwendung von Social-Media-Filtern kann zu einem Gefühl der Abhängigkeit von der digitalen Welt führen und die Fähigkeit beeinträchtigen, ein gesundes Körperbild und ein positives Selbstbild aufrechtzuerhalten. Es ist wichtig, dass Jugendliche und Eltern sich bewusst sind, dass Filter oft ein unrealistisches Bild von Schönheit vermitteln und dass es wichtig ist, das eigene Aussehen nicht mit anderen zu vergleichen.

Der Schönheitsmedizin kommt in diesem Zusammenhang die verantwortungsvolle Rolle zu, aufzuklären und zu warnen. Die 16-Jährige, die sich auf eine fast schon absurde Art die Lippen aufspritzen lassen möchte, muss man nicht behandeln, nur weil ihre Eltern die Einwilligung unterschrieben haben. Man kann auch mit ihr verantwortungsvoll reden und ihr sagen, dass die Kurzlebigkeit von derartigen Beauty-Trends die Risiken nicht wert sind, die sie mit einem solchen Eingriff eingeht. Man kann ihr sagen, dass sie sich mit dem Hinterherlaufen eines solchen Trends in einem derart jungen Alter auf abschüssiges Terrain begibt, das für ihr weiteres Leben Eingriff um Eingriff vorsieht. Man kann im entscheidenden Augenblick als Arzt auch mal „nein“ sagen.

Wenn Sie zu diesem Thema Fragen haben, dann kontaktieren Sie mich gerne oder vereinbaren Sie einen persönlichen Gesprächstermin.

Über die Autorin:

Dr. med. univ. Eva Maria Strobl ist Inhaberin der Praxis LIPS and SKIN Ästhetische Medizin in München. Sie ist ausgebildete Fachärztin für Allgemeinmedizin (MedUni Wien) und seit mehr als 10 Jahren spezialisiert auf nicht-chirurgische ästhetische Eingriffe. Sie ist Mitglied in der Deutschen Gesellschaft für Ästhetische Botulinum-Therapie e.V (DGBT), der German Society of Anti-Aging Medicine e.V. (GSAAM) und im Network Global Health. Sie publiziert regelmäßig Beiträge in ihrem Blog und auf DocCheck.

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