Allergisches Kontaktekzem und COVID19

Gerade eben noch haben Sie sich darüber gefreut, eine der letzten Flaschen hygienische Händedesinfektion ergattert zu haben, doch heute juckt und brennt es auf der Haut? Und Ihre Hände sind übersät mit den Spuren ihres endlosen Kratzens?

Wenn das Kontaktekzem Hand und Unterarm befällt

Damit sind Sie nicht alleine. Das Kontaktekzem der Hand (medizinisch: „Kontaktdermatitis“) ist weltweit auf dem Vormarsch, infolge des Übergebrauchs von alkoholischen Handdesinfektionsmitteln im Zuge der Covid19-Pandemie. Wenn ein allergisches Kontaktekzem Hand und Unterarm befällt, dann äußert sich das häufig in endlosem Jucken und Brennen, wie eingangs beschrieben.

Allergisches Kontaktekzem auf dem Vormarsch

In einer eben erschienenen Studie heißt es, dass rund 75 % der in China mit COVID19 Patienten befassten Angehörigen des medizinischen Personals unter Kontaktekzemen auf der Hand infolge hygienischer Händedesinfektion leiden. Und bei einer Patientenuntersuchung in Indien gaben rund 60 % der Befragten an, infolge hygienischer Händedesinfektion wegen COVID19 ein irritatives oder allergisches Kontaktekzem an der Hand ausgebildet zu haben.

Diese Ergebnisse decken sich mit meinen persönlichen Beobachtungen im professionellen Umfeld und in der eigenen Familie: Gleich nach Beginn der Coronakrise entwickelte mein Mann stark juckende Beschwerden an den Händen, die mittlerweile wieder abgeklungen sind. Und seit ein paar Tagen jammert meine Tochter über den quälenden Juckreiz, den ein allergisches Kontaktekzem auf der Hand verursacht. (Ihre Hand ist übrigens auf dem Foto zu sehen).

Was ist ein allergisches Kontaktekzem?

Beim Kontaktekzem bzw. bei der Kontaktdermatitis handelt es sich um eine Hautentzündung, die durch den Kontakt mit einer bestimmten Substanz verursacht wird. Das prinzipielle Symptom, ein zumeist sehr stark juckender Ausschlag, bleibt dabei auf den Kontaktbereich begrenzt und weist in der Regel deutlich definierte Ränder auf. Man unterscheidet zwar prinzipiell die toxisch-irritative und die allergische Kontaktdermatitis, oft können aber die beiden Formen in der Praxis nicht eindeutig auseinandergehalten werden, angesichts sehr ähnlicher klinischer Symptome bei Patienten mit subjektiv empfindlicher Haut.

Welche Symptome zeigt ein allergisches Kontaktekzem?

Die typischen Symptome, die beide Formen der Kontaktdermatitis kennzeichnen, sind Juckreiz, Brennen/Stechen der Haut oder Schmerzen beim Auftragen von Cremes und anderen Externa. Oft beschreiben Patienten auch ein Spannungsgefühl, das auch größere Hautareale betreffen kann. Wenn das Kontaktekzem Hand und Unterarme infolge hygienischer Händedesinfektion befällt, dann erstrecken sich die entzündlichen Hautareale in der Regel von den Fingern und insbesondere den Fingerknöchelchen hoch über den Handrücken und den beginnenden Unterarm. Starke Symptome bilden sich zumeist auch an der empfindlichen Innenseite des Unterarms. Die allergische Kontaktdermatitis kann flächige oder fleckige Erytheme ausbilden und zu trockener, rauer und schuppender Haut führen. Bei einigen Patienten wurden auch Quaddeln und Papeln beobachtet.

Wie entsteht ein allergisches Kontaktekzem?

Bei der allergischen Kontaktdermatitis handelt es sich um eine immunologisch vermittelte Reaktion. Sie tritt nicht sofort auf, sondern erst nach einer gewissen Sensibilisierungsphase, in der die Haut dem Antigen ausgesetzt ist. In der Praxis sieht das so aus, dass der Kontakt zu einem bestimmten Inhaltsstoff eines Pflege- oder Reinigungsprodukts zunächst problemlos toleriert wird. Nach einer gewissen Zeit, oft mehrere Tage aber auch Wochen und sogar Monate, tritt dann die Sensibilisierung auf und die typischen Symptome stellen sich ein. Es kann daher gut sein, dass Sie die hygienische Händedesinfektion einige Tage lang problemlos durchführen konnten, ohne dass Ihre Haut zunächst negative Reaktionen zeigte. Wenn sich dann aber plötzlich das Jucken, die Schuppungen und die Spannungszustände einstellten, dann erwischten Sie mit ziemlicher Sicherheit eine allergische Kontaktdermatitis.

Welche Stoffe bewirken ein allergisches Kontaktekzem?

Die Liste der Antigene, die zu einer allergische Kontaktdermatitis auslösen können, ist lang. In einer groß angelegten Studie standen am Schluss über 600 Inhaltsstoffe aus Kosmetika, Reinigungsprodukten, Badezusätzen und sogar Zahncremes unter Verdacht, allergische Reaktionen auszulösen. In rund 10 % der Fälle handelte es sich dabei um Duftstoffe, was seither zu deren restriktiver Verwendung bei „anti-allergenen“ oder „Duftstoff-freien“ Produkten geführt hat.

Es wäre aber falsch, nur in der „Chemie“ die Ursache allen Übels zu suchen. Auch zahlreiche pflanzliche Inhaltsstoffe wie Kamille, Ringelblume, Arnika oder Sandelholz können allergische Reaktionen bei Patienten mit sensibler Haut nach sich ziehen. Das ist insbesondere bitter für Patienten, die bewusst auf botanische Substanzen setzen, weil sie diese als „natürlich“ und damit unproblematischer als „Chemie“ empfinden. Gleiches gilt übrigens für natürliche Öle, die häufig in Kosmetika, Reinigungsprodukten und Badezusätzen zu finden sind, wie zum Beispiel Jojobaöl, Teebaumöl oder Lavendelöl.

Die toxische Kontaktdermatitis

Die toxische Kontaktdermatitis bzw. das toxische Kontaktekzem bedürfen keiner immunologischen Ursache und insbesondere auch keiner längeren Sensibilisierungsphase. Die entzündliche Reaktion der Haut tritt zumeist sofort auf, oft bereits beim ersten Kontakt mit dem Irritans. Bei einigen Erscheinungsformen kann es auch einen mehrmaligen Kontakt erfordern, bis entzündliche Symptome auftreten.

Die toxische Kontaktdermatitis gilt als die häufigste Form des Kontaktekzems. Man schätzt, dass sie in 80% der Fälle den entzündlichen Reaktionen der Haut zugrunde liegt. In der Praxis spricht man zumeist von „empfindlicher Haut“, wenn auf bestimmte Wirkstoffe in Kosmetika (zum Beispiel Hydroxysäuren, Milchsäure, Glykolsäure, Retinoide) oder bestimmte Chemikalien (zum Beispiel Kalziumthioglykolat, Propylenglykol, Benzoesäure und Ethanol) in Pflege- und Reinigungsprodukten mit entzündlichen Symptomen reagiert wird. Sogar milde Seifen und Reinigungsmittel können die Haut von manchen Menschen reizen. Die Liste der Stoffe mit potenziell irritierender Wirkung ist lang und enthält auch Formaldehyd,  Harnstoff, Ammoniumderivate, Perubalsam, Zimtsäurederivate  und bestimmte Tenside wie zum Beispiel Natriumlaurylsulfat, das in vielen Haarshampoos enthalten ist.

Allergisches Kontaktekzem und Wettereinflüsse

Die allergische Kontaktdermatitis (wie auch die toxische) kann durch Klimaeinflüsse begünstigt werden. Kalte, trockene Luft tragen zur Bildung und Verschlimmerung bei, was zu einem gehäuften Auftreten im Winter führt. Dazu trägt natürlich bei, dass die Hautoberfläche durch kalte, trockene Winterluft draußen bzw. trockene warme Luft in beheizten Räumen ohnehin stärker strapaziert und die schützende Hautbarriere geschädigt wird. Mit entsprechender Pflege (Cremes mit hohem Fettanteil) lässt sich entsprechend vorbeugen.

Was tun gegen ein allergisches Kontaktekzem?

Der naheliegende Behandlungsansatz gegen irritative oder allergische Kontaktdermatitis besteht natürlich primär darin, den Kontakt mit dem auslösenden Antigen zu vermeiden oder zumindest auf ein Mindestmaß zu beschränken. Im dermatologischen Alltag ist das freilich leichter gesagt als getan, weil Patienten oft nicht wissen, welche ihrer vielen Cremes, Kosmetika oder Badezusätze der Verursacher des Problems sein könnte. Entsprechend sind umfangreiche Tests nötig (meist in Form von Patch-Tests) um ihn erst einmal ausfindig zu machen.

In unserem vorliegenden Fall der Kontaktdermatitis auf der Hand, wie eingangs beschrieben infolge häufiger hygienischer Handdesinfektion, steht der Schuldige aber schnell fest. Es handelt sich um einen der in den gängigen Produkten verwendeten Alkohole, zumeist Ethanol oder Isopropylalkohol, oft auch beide zusammen. In unterschiedlichen Zusammensetzungen bilden sie bis zu 98% der Inhaltsstoffe, zumeist ergänzt um ein wenig Glyzerin, dass rückfettend wirken und damit die Hautfreundlichkeit dieser Produkte erhöhen soll.

Die Lösung besteht also darin, die Hände weniger oft zu desinfizieren oder ganz darauf zu verzichten. Wenn Sie nicht im medizinischen Sektor tätig sind, dann sollte das für Sie kein Problem darstellen. Denn um das Corona-Virus zu zerstören bedarf es keiner alkoholischen Händedesinfektion. SARS COV2, wie das Coronavirus offiziell heißt, ist ein sogenanntes „behülltes Virus“ und als solches relativ anfällig für externe Einflüsse. Auch mit milder Seife erledigen Sie es problemlos.

Sobald die allergieauslösende Substanz nicht mehr auf die Haut einwirkt, klingen Rötungen in der Regel binnen weniger Tage ab. Bei Schuppungen kann es eventuell auch einige Wochen dauern. Gegen den Juckreiz gibt es in schlimmen Fällen auch medikamentöse Cremes und Salben, die Linderung verschaffen. Gegen ein besonders starkes allergisches Kontaktekzem kann auch rezeptfreies Hydrocortison oder rezeptpflichtige Kortikosteroid-Creme helfen, eventuell auch die Einnahme von Antihistaminika.

Ihr Arzt wird Sie in allen Fällen hinsichtlich der für Sie optimalen Therapie beraten. Wichtig ist jedoch, darauf sei zum Abschluss noch einmal hingewiesen, dass sich ein allergisches Kontaktekzem nachhaltig nur dann vermeiden lässt, wenn die Reizung durch den Problemstoff (hier: Das hygienische Händedesinfektionsmittel) unterbleibt.

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